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Bürgermeister angeklagt
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Freitag, 23. November 2012
Mit Zinswetten Geld der Stadt Bad Oeynhausen veruntreut? Auch Kämmerer soll vor Gericht

Von Christian Althoff
Bad Oeynhausen (WB). Es geht um Zinswetten: Die Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen Untreue gegen Bad Oeynhausens Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann (SPD) und Kämmerer Marco Kindler erhoben.

»Beide wollten das Beste für ihre Stadt, aber das hat nicht geklappt«, sagte Christoph Mackel, der Sprecher der Staatsanwaltschaft Bielefeld, gestern.

Die Taten sollen zwischen 2007 und 2009 geschehen sein. Die Kurstadt war schon damals hoch verschuldet und hatte sich bei Banken Millionen geliehen. Bürgermeister und Kämmerer suchten nach einer Einnahmequelle, um die hohen Kreditkosten zu finanzieren. 2005 schlossen sie mit der West-LB einen Zins-Swap-Vertrag - letztlich eine Wette. Staatsanwalt Dr. André Meier, der drei Jahre lang ermittelt hat: »Die Stadt setzte darauf, dass der sogenannte Drei-Monats-Euribor-Zins fällt, die West-LB setzte darauf, dass er stieg.« Erst habe die Bank mit ihrer Prognose falsch gelegen, was der Stadt 100 000 Euro beschert habe, später habe sich das Blatt gewendet, und die Stadt habe 800 000 Euro Verlust gemacht

2007 lösten Bürgermeister und Kämmerer den Vertrag auf. Die 489 000 Euro, die die West-LB da noch zu bekommen hatte, wurden in ein neues Swap-Geschäft überführt. Diesmal ging es um einen Zinskorridor. Blieb der Euribor innerhalb dieser Bandbreite, bekam die Stadt Geld von der Bank. Lag der Zins außerhalb des Korridors, musste die Kommune zahlen - und zwar das Vierfache von dem, was die Bank ihr gezahlt hätte. Diesmal stand für die Stadt ein Minus von 291 960 Euro zu Buche.

Swap-Geschäfte seien damals für Kommunen nichts Ungewöhnliches gewesen, erklärte Staatsanwalt Dr. Meier. Sogar in Fachzeitschriften wie »Der Neue Kämmerer« sei dafür geworben worden. Insgesamt schloss Bad Oeynhausen 21 Swap-Verträge, von denen drei nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft so riskant waren, dass die Ermittlungsbehörde schwere Untreue sieht - Mindeststrafe sechs Monate. »Die Verträge waren so gestaltet, dass die Stadt im Falle eines Gewinns erheblich schlechter abschnitt als die Bank im Falle eines Gewinns«, sagte Dr. André Meier. In den drei angeklagten Fällen hätten die beiden Angeschuldigten weder externen Sachverstand bemüht noch den »schlimmsten möglichen Fall« durchgerechnet. Auch hätten sie gegen die Gemeindeordnung verstoßen, weil sie den Stadtrat weder rechtzeitig noch umfassend informiert hätten. Die Geschäfte seien zeitweise über ein Extra-Konto gelaufen, das die Ratsmitglieder nicht gekannt hätten.

Den Gesamtschaden kann die Staatsanwaltschaft nicht beziffern, weil einige Zinsgeschäfte noch immer laufen. »Wenn auch nicht mehr auf dem Risiko-Niveau der vorausgegangenen Verträge«, erklärte Dr. André Meier.

Dem Kämmerer wird neben Untreue auch noch Konkursverschleppung vorgeworfen. Die soll er als Geschäftsführer einer Stadt-GmbH begangen haben, was mit den Swap-Geschäften aber nichts zu tun hat.

Anwalt Dr. Jürgen Thiel, der den Bürgermeister vertritt, sagte, sein Mandant sei sehr wohl vom Rat für diese Geschäfte ermächtigt gewesen. »Es gibt auch keine höchstrichterliche Rechtsprechung, die Verluste bei Swap-Geschäften als Untreue einstuft.« Dr. Detlev Binder, der Anwalt des Kämmerers, sagte, die Staatsanwaltschaft könne den Schaden nicht beziffern, »weil es gar keinen gibt.« Er sei sicher, dass das Gericht die Anklage nicht zulassen.

S. 4: Hintergrund und Leitartikel
Lokalteil: Bericht

© 2012 WESTFALEN-BLATT - Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt vom 23.11.2012