Pressemeldungen - Westfalen-Blatt - Staatsanwaltschaft Bielefeld Drucken
Einschätzung soll in 14 Tagen vorliegen
Freitag, 09. November 2012
Staatsanwaltschaft Bielefeld prüft seit Herbst 2009 Anzeigen gegen Bürgermeister und Kämmerer

Von Claus Brand
Bad Oeynhausen (WB). Seit Herbst 2009 prüft die Staatsanwaltschaft zum Teil anonym erstattete Anzeigen gegen Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann und Kämmerer Marco Kindler. Christoph Mackel, Sprecher der Staatanwaltschaft Bielefeld, hat gestern erklärt, in etwa 14 Tagen das Ergebnis der Prüfung nun vorlegen zu wollen.

Wie es ausfällt, dazu sagte Christoph Mackel gestern allerdings nichts. Mit den Anzeigen ist der Vorwurf der Insolvenzverschleppung bei den ehemaligen Stadttöchtern (ZTB) und der Wagniskapital-Gesellschaft Delta Venture Capital (DVC) verbunden (das WESTFALEN-BLATT berichtete mehrfach). Über die DVC war die Stadt indirekt an der Entwicklung eines bislang nicht am Markt eingeführten Medikamentes beteiligt. Die Wagnis-Kapitalgesellschaft ist jüngst liquidiert worden. Das hat Kämmerer Marco Kindler als Liquidator erklärt (WESTFALEN-BLATT vom 1. November). Für die DVC und das ZTB (Zentrum Technologietransfer Biomedizin) war Marco Kindler seit 2004, bis zum Beginn der Liquidationsverfahren, unbezahlter Geschäftsführer. Gegründet worden ist das ZTB 1989, die DVC im Jahr 1996. Über die DVC war die Stadt indirekt an den beiden Unternehmen PAZ Pharma F & E in Bad Oeynhausen und der PAZ Arzneimittelentwicklungsgesellschaft in Frankfurt und damit an der Entwicklung des Medikamentes beteiligt.

Beide Firmen befinden sich im Insolvenzverfahren. Die Stadtsparkasse Bad Oeynhausen hatte 2011 als Gläubiger Insolvenzanträge gestellt. Von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist der DVC seinerzeit ein Kredit über 383 000 Euro gewährt worden. Eine Haftungsfreistellung der Kreditanstalt für Wiederaufbau, also ein Verzicht auf eine Rückzahlung, musste für die DVC-Auflösung vorliegen. Dies ist laut Kämmerer Marco Kindler inzwischen der Fall.

Mit anderen Anzeigen, unter anderem von damaligen Mitarbeitern des Rechnungsprüfungsamtes der Stadt gestellt, ist mit Blick auf so genannte Zinswettgeschäfte der Stadt der Vorwurf der Untreue erhoben worden. In den vergangenen Jahren hat die Staatsanwaltschaft Bielefeld eine umfassende Prüfung aller erhobenen Vorwürfe vorgenommen. Dabei wurde unter anderem auch der Sachverstand einer spezialisierten Abteilung der Staatsanwaltschaft hinzugezogen. Auch Gutachten sind inzwischen erstellt worden, so auch von einer Universität.

Gestern erklärte Staatsanwalt Christoph Mackel in seiner Funktion als Sprecher der Bielefelder Staatsanwaltschaft, in etwa 14 Tagen mitteilen zu wollen, wie sein Haus die Vorwürfe nun abschließend bewertet. Eine Variante ist nach seinen Angaben, dass das laufende Verfahren eingestellt wird. Christoph Mackel: »Theoretisch kann dagegen Beschwerde eingelegt werden.« Die andere Variante sei, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhebe. Sei dies der Fall, werde das zuständige Gericht prüfen, ob es die Einschätzung der Staatsanwaltschaft teilt. Dies sei dann Gegenstand eines so genannten Zwischenverfahrens.

Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann äußerte sich gestern auf Anfrage dieser Zeitung nicht zur Ankündigung der Staatsanwaltschaft, nun in absehbarer Zeit ein Ergebnis der Prüfung der Anzeigen vorlegen zu wollen.

© 2012 WESTFALEN-BLATT - Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt vom  09.11.2012




Kommentar

Egal, wie die Staatsanwaltschaft entscheidet. Es ist an der Zeit, dass es endlich zu einer Entscheidung zu diesem Thema kommt. Das ist vor allem auch im Interesse derer, die sich mit den Vorwürfen konfrontiert sehen, sich während eines laufenden Verfahrens naturgemäß zur Sache aber nicht öffentlich äußern. Den Sachverhalt zu prüfen, braucht Zeit. Ob sich dies über eine so lange Zeitspanne erstrecken muss, ist für außen stehende Beobachter schwer nachvollziehbar. Gänzlich vom Tisch sein dürfte der Streitfall mit der Einschätzung der Staatsanwaltschaft nicht. Wie auch immer sie ausfällt: Beschwerden dagegen sind eher wahrscheinlich als auszuschließen.  Claus Brand

© 2012 WESTFALEN-BLATT - Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt vom 09.11.2012