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PAZ Pharma F & E: Insolvenzverfahren eröffnet
Mittwoch, 18. Januar 2012
Insolvenzverwalter strebt Einnahmen aus Patent- und Lizensierungsrechten an

Von Claus Brand
Bad Oeynhausen (WB).
Das Amtsgericht Bielefeld hat für die PAZ Pharma F & E mit Firmensitz in Bad Oeynhausen das Insolvenzverfahren eröffnet. Das hat Gerichtssprecherin Anett Poßecker dem WESTFALEN-BLATT gestern auf Anfrage bestätigt.

Wie berichtet, war beziehungsweise ist die Stadt über ihre Töchter ZTB (im August 2011 liquidiert), und die Wagniskapitalgesellschaft DVC (Delta Venture Capital, bislang nicht liquidiert) an der Entwicklung eines Medikamentes über die PAZ Pharma F & E indirekt beteiligt. Bis heute ist das Medikament nicht zur Marktreife gelangt. Insolvenzverwalter für die PAZ Pharma F & E in Bad Oeynhausen ist nach Angaben der Gerichtssprecherin der Herforder Rechtsanwalt und Steuerberater Hans-Achim Ernst. Er hat auch bereits im Auftrag des Gerichtes das Gutachten über die PAZ Pharma F & E erstellt, das die wirtschaftliche Lage des Unternehmens bewertet. Dabei ist er nach eigenen Angaben zu der Einschätzung gekommen, dass das Unternehmen zahlungsunfähig ist. Der Wirkstoff, um den es mit Blick auf die Entwicklung des Medikamentes geht, trägt nach seinen Angaben den Namen »R-Flurbiprofen«.

In Abstimmung mit dem Insolvenzverwalter für die PAZ Arzneimittelentwicklungsgesellschaft in Frankfurt, Dr. Jan Roth, ist es nach Darstellung von Hans-Achim Ernst gemeinsame Zielsetzung beider Insolvenzverwalter, das jeweilige Unternehmen fortzuführen, und nicht aus dem Handelsregister zu löschen. Das Insolvenzverfahren für das Frankfurter Unternehmen war im Herbst vergangenen Jahres eröffnet worden. Den Gläubiger-Insolvenzantrag hatte für beide Unternehmen zuvor die Stadtsparkasse Bad Oeynhausen im Sommer des vergangenen Jahres gestellt.
Bei der Fortführung beider Firmen durch die Insolvenzverwalter soll es darum gehen, mögliche Einnahmen aus Patenten und Lizenzen der PAZ Pharma F & E sowie der PAZ Arzneimittelentwicklungsgesellschaft in Frankfurt im Fall einer erfolgreichen Entwicklung des Medikamentes zu erzielen. Hans-Achim Ernst sagte gestern dem WESTFALEN-BLATT auf Anfrage: »Bei einer Löschung des Unternehmens wäre dies nicht mehr möglich gewesen.« So bleibe die Option offen, über vertragliche Verbindungen mit einem Pharma-Konzern und mit weiteren Beteiligten im Erfolgsfall Einnahmen zu erzielen. Das Insolvenzverfahren kann sich nach Einschätzung von Hans-Achim Ernst durchaus über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Die Städtische Heimstätten-Gesellschaft (SGH) hat eine Mietforderung gegenüber der PAZ Pharma F & E Bad Oeynhausen vor dem Landgericht in Bielefeld erfolgreich eingeklagt, aber nicht geltend gemacht. Stattdessen soll die SGH vom ihr vom Gesetzgeber her zustehenden Vermieterpfandrecht Gebrauch machen. Die PAZ Pharma F & E soll als Sicherheit Mobiliar eingebracht haben. Über dessen Wert hatte es in der Vergangenheit unterschiedliche Angaben gegeben. Zur jüngsten Entwicklung nahm SGH-Geschäftsführer Thomas Fischer gestern auf Anfrage dieser Zeitung keine Stellung. Dies gilt auch für Kämmerer Marco Kinder, der zugleich Geschäftsführer der Wagniskapital-Gesellschaft Delta Venture Capital ist. Er war gestern erkrankt und für eine Stellungnahme zur Bedeutung der Eröffnung des PAZ-Pharma-Insolvenzverfahrens für die DVC nicht zu erreichen.

Die Staatsanwaltschaft in Bielefeld prüft derzeit, wie ebenso berichtet, mehrere Anzeigen, unter anderem gegen den städtischen Kämmerer und den Bürgermeister. Mit ihnen wird der Vorwurf der Insolvenzverschleppung bei den Stadttöchtern ZTB und DVC erhoben. Ihre Einschätzung zu den Anzeigen will die Staatsanwaltschaft Bielefeld in absehbarer Zeit bekannt geben.

Dies soll im Zusammenhang mit der Bewertung weiterer Anzeigen erfolgen, die teils anonym gestellt wurden, und mit denen der Vorwurf der Untreue bei umstrittenen Zinsgeschäften der Stadt Bad Oeynhausen erhoben wird. Zu letzteren gibt es ebenso ein Gutachten, das der Staatsanwaltschaft Bielefeld (WESTFALEN-BLATT vom 12. Januar) erst seit kurzer Zeit vorliegt.

Dem Anwalt des Bürgermeisters ist das Gutachten jüngst mit einer Fristsetzung für eine Stellungnahme zur Verfügung gestellt worden. Das hatte Staatsanwalt Chirstoph Mackel, Sprecher der Justizbehörde, dieser Zeitung auf Anfrage erklärt. Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann hatte dazu befragt zum jetzigen Zeitpunkt eine Stellungnahme abgelehnt.

© 2012 WESTFALEN-BLATT - Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt vom 18.01.2012