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Prämien für Kreisbeamte
Mittwoch, 30. Januar 2013
Baudezernent Jürgen Striet erhält 35 000 Euro für den Bau des Klinikums in Minden

Von Christian Busse
Kreis Minden-Lübbecke (WB). Die Bezirksregierung prüft weitere Sonderzahlungen an Beamte und Angestellte des Kreises Minden-Lübbecke im Zuge des Baus des Johannes-Wesling-Klinikums. Unter anderem stehen drei Zahlungen in Höhe von insgesamt 35 000 Euro an den Kreisbaudezernenten Jürgen Striet zur Diskussion.

Nach dem Prozess um die Sonderzahlung für den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Mühlenkreiskliniken Reinhard Meyer hat die Bezirksregierung Detmold nun weitere Daten von den Mühlenkreiskliniken angefordert. Auf einer Liste, die in dieser Woche bei der Aufsichtsbehörde in Detmold eingegangen ist, stehen nach Informationen dieser Zeitung mehrere Namen von Beamten und Angestellten der Kreisverwaltung. Sie haben Geld im Rahmen des 287,1 Millionen Euro teuren Neubaus erhalten. Parallelen zu den vom Verwaltungsgericht Minden beanstandeten Ausgleichszahlungen an den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Reinhard Meyer sieht die Kreisverwaltung nicht. Wie berichtet muss Meyer 12 000 Euro zurückzahlen, die er als Ausgleichszahlung von den Mühlenkreiskliniken erhalten hatte. Kreissprecher Oliver Roth: »Wir haben die Zahlung an Jürgen Striet juristisch geprüft und haben sie für zulässig befunden. Die Vereinbarung ist zwischen Striet und dem damaligen Landrat Wilhelm Krömer vereinbart worden. Striet hatte dafür die technische Bauplanung des Klinikums übernommen. Es gab also eine Leistung und eine Gegenleistung.« Wieviele Namen auf der Liste stehen, wollte die Bezirksregierung nicht sagen. »Bei einer ersten Durchsicht haben wir gesehen, dass wir weitere Informationen brauchen«, sagte Sprecherin Antje Leßmann. Wann die juristische Prüfung abgeschlossen sei, könne sie nicht sagen.

Wie die Vereinbarung zwischen dem ehemaligen Landrat Krömer und Kreisbaudezernent Jürgen Striet zu Stande gekommen ist, ist unklar. Fest steht, dass Striet gebeten wurde, die technische Bauleitung und einen Sitz im Vorstand des Zweckverbandes und später der Mühlenkreiskliniken zu übernehmen. Dafür sollte er nach Angaben des Unternehmenssprechers Steffen Ellerhof 35 000 Euro bei Einhaltung der Bautermine sowie eine nicht näher bezifferte monatliche »dreistellige Summe« zusätzlich zu seinem Gehalt als Kreisbaudezernent B2 (derzeit 6550 Euro) erhalten. Die erste Summe soll beim ersten Spatenstich (2005), die zweite bei der Abnahme des Rohbaus (2006) und die dritte Rate bei Abnahme des Gebäudes (2008) an Jürgen Striet überwiesen worden sein.

Der Bau des Johannes-Wesling-Klinikums hat zu einem der größten finanziellen Krisen der Mühlenkreiskliniken und des Kreises geführt. Noch heute ist der Mühlenkreis der am höchsten verschuldete Kreis in NRW. Ein von der Kreistag beauftragter Wirtschaftsprüfer hat den Bau 2011 untersucht und war zu einem vernichtenden Urteil gekommen: die Kostenplanung sei nicht nach DIN-Vorschrift erstellt worden, die politischen Gremien seien nicht vollständig informiert worden und man habe bereits mit dem Bau angefangen, noch bevor die Planungen abgeschlossen waren. Für die 90 Millionen Euro Mehrkosten machte der Wirtschaftsprüfer Jürgen Striet und den damaligen Vorstandsvorsitzenden Gerald Oestereich verantwortlich.

Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, Ulrich Kaase und Friedrich Klanke, wussten nach eigenen Angaben nichts von dem Deal. Der Bad Oeynhausener Kaase, der erst vor acht Jahren in den Verwaltungsrat gewählt wurde, findet an den Zahlungen nichts Schlimmes. »Herr Striet hat Verantwortung über sein Amt hinaus getragen und ein Jahrhundertbauprojekt auf die Beine gestellt. Da ist es in Ordnung, wenn er eine Geldentschädigung dafür erhält.«

© 2013 WESTFALEN-BLATT - Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt vom 30.01.2013




Kommentar
Moralisch fraglich


Beim Bau des Klinikums ist so ziemlich alles schief gegangen, was schief gehen konnte - jedenfalls aus finanzieller Sicht. Der Wirtschaftsprüfer attestiert eine schlechte Planung und die Abwesenheit politischer Kontrolle. Soweit ist das nichts Neues. Neu ist, dass der Kreisbaudezernent Jürgen Striet für dieses Desaster, an dem er als Chefplaner beteiligt war, hohe Prämien bekommen hat. Auch weitere Angestellte des Kreises haben Zahlungen erhalten. Mal abgesehen von der Frage, ob die Zahlungen beamtenrechtlich zulässig waren, sind sie moralisch fraglich. Warum muss ein Baudezernent mit einem ordentlichen Gehalt sich jede Tätigkeit einzeln bezahlen lassen? Wer die vielen Vorteile des Beamtenstatus nutzt, muss auch die Nachteile in Kauf nehmen. Dazu gehört auch die Pflicht, jederzeit das Allgemeinwohl im Auge zu haben - nicht nur seine Prämie.
Christian Busse


© 2013 WESTFALEN-BLATT - Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt vom 30.01.2013