Pressemeldungen - Westfalen-Blatt - ZTB/DVC Stadt B.O. Drucken
ZTB und DVC inzwischen aufgelöst
Freitag, 23. November 2012
Chronologie zur Beteiligung der Stadt an der Entwicklung eines Medikaments - von der Bezirksregierung lange geduldet

Von Claus Brand
Bad Oeynhausen (WB). Über ihre Stadttöchter Zentrum Technologietransfer Biomedizin (ZTB) und die Wagniskapital-Gesellschaft Delta Venture Capital (DVC) war die Stadt lange Zeit, mit Duldung der Bezirksregierung, an der Entwicklung eines Medikaments beteiligt. Die Chronologie in Schlaglichtern:

1980: Gründung der PAZ Arzneimittelentwicklungsgesellschaft in Frankfurt (Main). Geschäftsführer ist Dr. Otto Schuster.
1989: Gründung des Zentrums für Technologietransfer Biomedizin als GmbH mit Mitteln des Landes, des Kreises und der Stadt Bad Oeynhausen.
1995: Gründung der PAZ Pharma F & E in Bad Oeynhausen. Damalige Geschäftsführer: Dr. Otto Schuster und Dr. Roland Franke.
1995: Begründung des Pachtverhältnisses zwischen der Städtischen Heimstätten-Gesellschaft und der PAZ Pharma F & E für Räume in Rehme. Das Unternehmen und die Stadtsparkasse nehmen ihre Geschäftsbeziehung auf.
1996: Gründung der DVC. Gesellschafter waren neben der ZTB GmbH die Volksbank, die Spar- und Darlehenskasse und die Stadtsparkasse. Zuletzt (2011) war die ZTB, inzwischen liquidiert, alleiniger Gesellschafter.
1998: Stille Beteiligung des ZTB über die Wagniskapital-Gesellschaft DVC (Delta Venture Capital) an der PAZ Pharma F & E (etwa 510 000 Euro).
2005: Die PAZ Pharma F & E soll sich in wirtschaftlichem schwierigem Fahrwasser befinden. Die Stadtsparkasse soll eine Stundung der Kredittilung gewährt haben.

2007: Die PAZ Frankfurt schließt mit einer Pharma AG (Horizon Pharma AG, zuvor Nitec AG) einen Vertriebsvertrag ab. Die PAZ Pharma F & E stellt ihre betrieblichen Aktivitäten in Bad Oeynhausen ein. Gleichzeitig sollen die Pachtzahlungen an die SGH eingestellt worden sein. Die SGH klagt sie später erfolgreich am Landgericht Bielefeld ein, macht sie aber nicht geltend.
2008: Die Bezirksregierung bestätigt die Rechtswidrigkeit der ZTB-Beteiligung an der PAZ Pharma F & E. Weil die Stadt nach wie vor Erträge erwartet, duldet die Bezirksregierung in Detmold als Aufsichtsbehörde befristet bis September 2011 die Beteiligung.
März 2010: Es wird bekannt, dass seit Oktober 2009 mehrere Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld vorliegen. Mit ihnen wird gegen Bürgermeister Klaus Mueller-Zahlmann (seinerzeit Vorsitzender Kuratorium ZTB und Mitglied im Aufsichtsrat DVC), sowie Kämmerer Marco Kindler (seinerzeit Geschäftsführer ZTB und DVC) unter anderem der Vorwurf der Insolvenzverschleppung erhoben. Die Staatsanwaltschaft Bielefeld bestätigt Vorermittlungen dazu.
Oktober 2010: Die Staatsanwaltschaft Bielefeld erklärt, dass eine Anzeige gegen den SGH-Geschäftsführer eingegangen ist, verbunden mit dem Vorwurf der Untreue, weil der im Juni 2010 erfolgreich eingeklagte Mietrückstand (etwa 42 000 Euro) nicht geltend gemacht worden sei. Zwischenzeitlich sollen SGH und PAZ Pharma F & E einen Vertrag unterzeichnet haben, bei dem sich die SGH ein Vermieterpfandrecht für das Mobiliar gesichert hat. Widersprüchliche Angaben gibt es zu dessen Wert, von einer Sicherheit in Höhe von 460 000 Euro bis hin zu einer Angabe in der Bilanz 2008, mit der der Wert auf nur 1800 Euro beziffert worden sein soll.
Mai 2011: Das WESTFALEN-BLATT berichtet exklusiv, dass sich das Bundesamt für Justiz mit den Jahresabschlüssen 2009 der PAZ Pharma F & E sowie der PAZ Frankfurt beschäftigt. Es geht um die gesetzlich vorgeschriebene Veröffentlichung, die Ende 2010 hätte erfolgen müssen. Ordnungsgeldverfahren werden eingeleitet. Zudem prüft das Amt inhaltlich Mängel veröffentlichter Abschlüsse von ZTB und DVC.
Juni 2011: Anfang des Monats wird bekannt, dass die Stadt ihre Beteiligung über ZTB und DVC an der Pharmafirma PAZ zum 30. April gekündigt hat. Die Bereitstellung der notwendigen Liquidität für die Auflösung der ZTB-Gesellschaft kann nicht erzielt werden, in dem die bestehende Forderung über die DVC bei der PAZ geltende gemacht wird. Die notwendigen Auslagen beantragt das ZTB dabei bei der Stadt.
Juli 2011: Die Stadtsparkasse stellt bei den Amtsgerichten Frankfurt und Bielefeld Insolvenzantrag für die PAZ Arzneimittel-Entwicklungsgesellschaft sowie die PAZ Pharma F & E in Bad Oeynhausen. Beide Insolvenzverfahren laufen.
August 2011: Die ZTB GmbH ist liquidiert. In den politischen Gremien und denen der Gesellschaft waren dafür zuvor die notwendigen Beschlüsse gefasst worden. Bei der DVC ist dieser Schritt zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollzogen. Der Grund: Von Seiten der KfW-Bank ist nicht bestätigt, dass für in der Vergangenheit gewährte Mittel eine Haftungsfreistellung besteht.
Oktober 2012: Kämmerer Marco Kindler erklärt, dass auch die DVC liquidiert ist. Von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) ist ihr seinerzeit ein Kredit über 383 000 Euro gewährt worden. Eine Haftungsfreistellung der KfW, der Verzicht auf eine Rückzahlung, musste für die DVC-Auflösung vorliegen. Dies sei nun der Fall.

© 2012 WESTFALEN-BLATT - Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt vom 23.11.2012