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»Neue Zinswette verschwiegen«
Dienstag, 07. Juli 2009
Lübbecke: CDU fordert Rücktritt von Bürgermeisterin Susanne Lindemann (SPD)

Von Christian B u s s e

L ü b b e c k e (WB).
Mit risikoreichen Zinswetten versuchen Städte seit Jahren ihre Schuldenlast zu senken – auch Lübbecke. Mit einem so genannten Swap-Geschäft machte die Kommune einen Verlust in Höhe von 1,6 Millionen Euro. Doch gelernt haben die Kommunalpolitiker daraus offenbar nichts.

Nach Informationen dieser Zeitung hat das stadteigene Unternehmen »Wirtschaftsbetriebe Lübbecke« (WBL) nach dem Ausstieg aus einem hoch spekulativen Zinsgeschäft im November 2008 sofort einen weiteren Swap-Vertrag abgeschlossen. Vertragspartner: die Commerzbank. Bezugsgröße: acht Millionen Euro. Die Laufzeit des Vertrags beträgt 75 Monate. Dafür muss die Stadt 9,7 Prozent Zinsen bezahlen. In diesem Vertrag sollen zwar keine Variablen enthalten sein, die sich negativ für die Stadt auswirken können. Jedoch liegt der Zinssatz weit über dem marktüblichen Preis für einen solchen Kredit.

Der Vorsitzende der WBL-Gesellschafterversammlung Ulrich Wähning (SPD) bestätigt den erneuten Swap-Kauf. »Wir mussten den Schaden finanzieren. Es war aber kein Wettgeschäft.« Die WBL hatte sich nach dem Spekulationsdesaster mit der Commerzbank auf eine Teilung des Schadens geeinigt. Danach sollte die Bank und die WBL je 825 000 Euro bezahlen. Über die genauen Details der Vereinbarung haben beide Parteien Stillschweigen vereinbart. Der Kämmerer und WBL-Geschäftsführer Achim Wippermann wurde daraufhin im November des vergangenen Jahres beurlaubt. Bürgermeisterin Susanne Lindemann (SPD) wirft ihrem Rathausmitarbeiter vor, den Swap-Vertrag ohne Einwilligung der Gesellschafterversammlung abgeschlossen zu haben.

Die Opposition wiederum wirft der Bürgermeisterin Susanne Lindemann (SPD) nun vor, sie nicht über den erneuten Abschluss eines Swaps informiert zu haben. »Von einem neuen Swap-Vertrag war nicht die Rede«, sagt ein Gesellschafter, der nicht genannt werden will. »Ich dachte, wir würden aus dem ganzen Sache aussteigen.«

CDU-Fraktionschef Heinrich Esdar ist empört über das Vorgehen der Bürgermeisterin: »Wenn die Informationen sich bewahrheiten, dann muss sie gehen.« Zwei Fraktionen haben eine Sondersitzung des Rates beantragt. Dort soll sich Susanne Lindemann öffentlich erklären.

Rolf Drees, Finanzexperte und Pressesprecher der Westdeutschen Genossenschafts-Zentralbank, der Zentralbank der Volksbanken, sagt: »Swaps können auch für die öffentliche Hand sinnvoll sein, wenn sie nicht zur Spekulation genutzt werden.« Wenn hinter den Swaps benötigte Kredite stünden, die man langfristig an einen definierten Zinssatz koppele, dann ließe sich mit einem Swap das Zinsrisiko verringern. Alle müssten sich bei einem solchen Geschäft nur über das Risiko im Klaren sein. Offenbar hätten sich jedoch manche Kämmerer »auf leicht verdientes Geld gefreut«.

Der Bund der Steuerzahler rät allen Kommunen, keine Swaps abzuschließen. Dennoch sind viele Kommunen die riskanten Zinswetten eingegangen. Neben Lübbecke hat auch Bad Oeynhausen Verluste bei den Swap-Geschäften erlitten.

© 2009 WESTFALEN-BLATT -
Bad Oeynhausener Anzeiger und Tageblatt 07.07.2009